Die Pille: Risiken, Langzeitfolgen und Alternativen

Die Pille- das angebliche Wundermittel gegen ungewollte Schwangerschaften, Akne und Periodenschmerzen ist längst nicht mehr so beliebt wie sie einmal war. Vor über 10 Jahren nutzen rund 55% der Frauen die Antibaby-Pille als Verhütungsmittel, mittlerweile sind es nur noch rund 36% [1]. Viele Frauen haben begonnen, das Medikament zu hinterfragen: „Welche Nebenwirkungen hat die Pille? Wie beeinflusst sie meine Gesundheit?“ Genau darüber sprechen wir in diesem Beitrag: Was sind die Risiken, Nebenwirkungen und Alternativen zur Pille?

Disclaimer (1): Dieser Beitrag ersetzt keine ärztlichen oder therapeutischen Ratschlag. Die Autorin Jennifer Gutwald (M.Sc. Medizin, Ernährung und hormoneller Gesundheit bei Frauen) ist keine ausgebildete Ärztin oder medizinische Fachkraft. Disclaimer (2): Dieser Artikel erhält Affiliate-Links.

Übersicht

1. Wie wirkt die Pille?

1.1 Inhaltsstoffe der Antibabypille

Um zu verstehen, weshalb die Pille überhaupt gesundheitliche Konzequenzen mit sich bringt, sollten wir zuerst darüber sprechen, wie sie eingentlich wirkt. Die Antibabypille wird meist schon im jungen Alter verschrieben; manche Frauen nehmen sie jahrzehntelang. Auch wenn oft angenommen wird, dass es sich bei der Pille um ein natürliches Hormongemisch handelt, welches dem Körper eine Schwangerschaft vorgaukelt und somit vor der Empfängnis schützt – dem ist nicht so. Die Inhaltsstoffe der Pille sind je nach Präparat sehr unterschiedlich. Außerdem gibt es verschiedene Arten der Pille (Zusammensetzung) und verschiedene Generationen (Zeitpunkt der Markteinführung). 

Die Kombinationspille enthält eine Mischung aus Östrogenen und Gestagenen:

  • Östrogen: oft entweder 0,020 – 0,030 mg Ethinylestradiol oder Etonogestrel
  • Gestagene (je nach Generation): Levonorgestrel, Desogestrel, Norgestimat, Gestoden, Dienogest, Cyproteronacetat, Chlormadionacetat, Nomegestrolacetat oder Drospirenon)

Monopräparate, welche auch Mini-Pille genannt werden, sind eine Alternative für Frauen, die aufgrund von Risikofaktoren keine Kombinationspillen verwenden können. Sie enthalten nur Gestagene (je nach Generation: Levonorgestrel, Desogestrel oder Drospirenon)

Wichtig: Die synthetischen Hormone der Pille wirken nicht hundertprozentig wie unsere körpereigenen Hormone und können daher weitere (Neben-)Wirkungen haben. Dazu aber später mehr. Widmen wir uns zunächst der Frage: Wie beeinflussen die Wirkstoffe der Pille den Menstruationszyklus und warum sind sie so zuverlässig in der Empfängnisverhütung?

1.2 Verhütung mit der Pille

1.2.1 Die „normale“ Pille (Kombinationspräparat):

Die Kombinationspille wirkt, indem sie den Eisprung unterdrückt, was die Befruchtung einer Eizelle verhindert. Durch die kontinuierliche Einnahme von synthetischem Östrogen und Gestagenen werden die Hormonspiegel stabilisiert, was zu einer Verringerung der Produktion von Gonadotropinen wie FSH (Follikel-stimulierendes Hormon) und LH (Luteinisierendes Hormon) führt – siehe Abbildung unten. Diese Hormone lösen normalerweise den Eisprung aus. Aufgrund dieses Mechanismus reifen die Eizellen nicht vollständig heran, die Gebärmutterschleimhaut baut sich nicht optimal auf und der Eisprung, welcher normalerweise nach dem LH-Peak stattfindet, bleibt aus.

1.2.2 Die Mini-Pille (Monopräparat)

Im Gegensatz zu Kombinationspillen, die sowohl Östrogen als auch Gestagen enthalten können, hemmt die Minipille den Eisprung nicht immer zuverlässig. Ihr Hauptmechanismus zur Verhinderung einer Schwangerschaft besteht darin, den Schleim im Gebärmutterhals zu verdicken. Das macht es für Spermien schwieriger, die Eizelle zu erreichen und erschwert somit die Einnistung.

1.3 Die Pille und der Menstruationszyklus

Die Pille ist nicht dafür da, den Menstruationszyklus zu regulieren – ganz im Gegenteil – sie kann ihn unterdrücken und für temporäre Unfruchtbarkeit sorgen. Neben dem Einsatz als Verhütungsmittel wird die Pille auch als Therapiemethode für diverse Zyklusstörungen verwendet (Bspw. Endometriose). 

Wie sich die Pille auf die sportliche Leistungsfähigkeit auswirkt und wie Pillenanwenderinnen ihr Training optimal planen erfährst du hier:

2. Nebenwirkungen und Risiken

Wie wirkt die Pille nun? Wenn das Verhütungspräparat das erste Mal eingenommen wird, braucht der Körper zunächst Zeit, um sich an die zugeführten synthetischen Hormone zu gewöhnen. Diese Anpassungsphase kann dazu führen, dass Frauen anfänglich unter Zwischenblutungen, Brustspannen, Übelkeit, Stimmungsschwankungen und Kopfschmerzen leiden. Im besten Fall wird das Präparat längerfristig gut vertragen, in manchen Fällen treten unerwünschte Nebenwirkungen auf. Wer schon einmal einen Blick auf den Beipackzettel geworfen hat weiß: die Liste der Nebenwirkungen ist lang. Sehr lang sogar. Insgesamt lassen sich über 30+ unerwünschte Begleiterscheinungen finden, die auch viel später noch auftreten können.

2.1 Psyche

Zu den häufigsten Nebenwirkungen der Pille gehören jegliche Veränderungen auf seelisch-geistiger Ebene –diese werden leider oft abgesprochen oder verharmlost, dabei sind unzählige Frauen davon betroffen. Der regelmäßige Gebrauch der Pille kann mit psychischen Veränderungen einhergehen, welche potenziell auf Veränderungen im EEG zurückzuführen sind. Eine Studie an über 1 Mio. Frauen aus Dänemark stellte einen Zusammenhang zwischen der Einnahme der Pille und der erstmaligen Verschreibung von Antidepressiva [2] fest, besonders bei jungen Mädchen im Alter von 15-19 Jahren. Dies liegt wahrscheinlich daran, dass Hormone einen Einfluss auf die neurochemische Balance im Gehirn haben können. Insbesondere der Serotoninspiegel kann durch das exogen zugeführte Hormonpräparat beeinflusst werden. Das relative Risiko nimmt allerdings mit zunehmendem Alter ab.

2.2 Körper

Ein weiteres Risiko, das mit der Einnahme der Antibabypille verbunden ist, betrifft Kombinationspillen der dritten und vierten Generation. Diese enthalten neuere Gestagene wie Desogestrel, Gestoden oder Drospirenon und stehen laut dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in Zusammenhang mit einem erhöhten Risiko für venöse Thromboembolien, also Blutgerinnseln, die zu Thrombosen oder Lungenembolien [3] führen können.

Wichtig: Zwar ist das relative Risiko im Vergleich zu Pillen der zweiten Generation erhöht, doch das absolute Risiko bleibt insgesamt niedrig: Bei Frauen, die keine Pille einnehmen, liegt das Risiko für eine venöse Thrombose bei etwa 2 von 10.000 Frauen pro Jahr, bei Pillen der zweiten Generation bei 5–7 von 10.000, und bei Pillen der dritten oder vierten Generation bei 9–12 von 10.000 Frauen pro Jahr.

Ein weiterer Punkt ist die Nährstoffaufnahme, welche durch kombinierte hormonelle Kontrazeptiva mit Östrogenanteil potenziell verändert werden kann: gerade die Aufnahme von Folsäure [4], Vitamin B2, B6, B12, Vitamin C, Vitamin E, Magnesium, Selen und Zink [5] können durch die Einnahme der Pille vermindert sein. Die Mechanismen sind noch nicht in allen Fällen vollständig geklärt. Diskutiert werden unter anderem ein veränderter Stoffwechsel, der verstärkte Verbrauch, eine interferierte Aufnahme oder die gestörter Speicherung von Nährstoffen.

Wichtig: Die Datenlage ist nicht einheitlich, und klinisch relevante Mangelzustände treten nicht automatisch bei allen Pillenanwenderinnen auf. Viele Studien zeigen lediglich geringere Blutspiegel, ohne dass zwangsläufig ein echter Mangel mit Symptomen entsteht.

3. Langzeitfolgen

Mögliche Langzeitfolgen der Antibabypille betreffen vor allem hormonabhängige Krebserkrankungen. Studien zeigen ein leicht erhöhtes Risiko für Brustkrebs [6], insbesondere bei längerer Anwendung, wobei das Risiko nach dem Absetzen wieder abnimmt. Gleichzeitig senkt die Pille nachweislich das Risiko für Eierstock- und Gebärmutterkörperkrebs [7]. Andere befürchtete Langzeitfolgen wie dauerhafte Unfruchtbarkeit oder chronische Leber- oder Gefäßschäden konnten bisher wissenschaftlich nicht belegt werden. Die meisten Nebenwirkungen treten kurzfristig auf und verschwinden nach Absetzen der Pille.

4. Alternativen zur Pille

4.1 Hormonfreie Verhütung

Abgesehen von der Antibabypille gibt es eine Vielzahl weiterer Verhütungsmethoden, die Frauen in Betracht ziehen können. Dazu gehören die Kupferspirale, das Diaphragma, hormonfreie Intrauterinpessare (IUP) und natürliche Verhütungsmethoden wie die symptothermale Methode nach Sensiplan. Die Symptothermale Methode basiert auf dem Wissen über den weiblichen Zyklus und erfordert die genaue Beobachtung und Aufzeichnung des Menstruationszyklus, um die fruchtbaren und unfruchtbaren Tage zu bestimmen.

4.2 Die symptothermale Methode

Mittlerweile gibt es einige Tools, die bei der korrekten Zyklusbeobachtung nach der Symptothermalen Methode unterstützen. Eines davon ist der trackle, ein Vaginalsensor, welcher die Basaltamperatur über Nacht misst und basierend auf der Temperaturveränderung und Beobachtung des Zervixschleims die fruchtbare Phase einer Frau ermittelt. Dadurch, dass der Körper nach dem Eisprung Progesteron produziert, steigt die Körpertemperatur um etwa 0,2°C – 0,5°C an. Progesteron ist ein wärmeinduzierendes Hormon und diese Eigenschaft macht sich die Symptothermale Methode zu Nutze. Steigt die Körpertemperatur an und bleibt sie oben, so wissen wir, dass ein Eisprung stattgefunden haben muss.

Der trackle Sensor ist als zertifiziertes Verhütungsmittel zugelassen, daher ist er eine tolle hormonfreie Alternative zur Pille.    

[1] Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: Kondom löst Pille als Verhütungsmittel Nummer eins ab. (2023, November 16).

[2] Skovlund, C. W., Mørch, L. S., Kessing, L. V., & Lidegaard, Ø. (2016). Association of hormonal contraception with depression. JAMA Psychiatry, 73(11), 1154. https://doi.org/10.1001/jamapsychiatry.2016.2387

[3] BfArM (2024): Pharmakovigilanz – Venöse Thromboembolien und kombinierte hormonale Kontrazeptiva. (n.d.). BFARMWEB. 

[4] Shere, M., Bapat, P., Nickel, C., Kapur, B., & Koren, G. (2015). Association Between Use of Oral Contraceptives and Folate Status: A Systematic Review and Meta-Analysis. Journal of Obstetrics and Gynaecology Canada, 37(5), 430–438. https://doi.org/10.1016/s1701-2163(15)30258-9

[5] Palmery, M., Saraceno, A., Vaiarelli, A., & Carlomagno, G. (2013). Oral contraceptives and changes in nutritional requirements. PubMed, 17(13), 1804–1813. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/23852908

[6] Mørch, L. S., Skovlund, C. W., Hannaford, P. C., Iversen, L., Fielding, S., & Lidegaard, Ø. (2017). Contemporary hormonal contraception and the risk of breast cancer. The New England Journal of Medicine, 377(23), 2228–2239. https://doi.org/10.1056/nejmoa1700732

[7] Karlsson, T., Johansson, T., Höglund, J., Ek, W. E. & Johansson, Å. (2021). Time-Dependent Effects of Oral Contraceptive Use on Breast, Ovarian, and Endometrial Cancers. Cancer Research, 81(4), 1153–1162. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33334812/

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Dozentin, Ernährungsberaterin und Expertin für Frauengesundheit im Sport. Erfahre mehr über mich.