LEA & RED-S im Sport: Wenn die Energie fehlt

Fast 91% der Frauen im Sport sind davon betroffen [1] und doch wird kaum darüber gesprochen: Das RED-Syndrom. Was genau das ist, warum es so gefährlich für die Gesundheit von Sportlerinnen ist und wie wir in der Früherkennung rechtzeitig eingreifen können, erfährst du in diesem Beitrag. 

Disclaimer: Dieser Beitrag ersetzt keine ärztlichen oder therapeutischen Ratschlag. Die Autorin Jennifer Gutwald (M.Sc. Medizin, Ernährung und hormoneller Gesundheit bei Frauen) ist keine ausgebildete Ärztin oder medizinische Fachkraft. 

Übersicht

1. Was ist RED-S und wie entsteht es?

RED-S ist die Abkürzung für Relative Energy Deficiency Syndrome und beschreibt ein Konglomerat aus Symptomen, welche durch einen chronischen Energiemangel entstehen. Die geringe Energieverfügbarkeit resultiert meist durch eine Kombination der folgenden zwei Faktoren:

  • Übertraining/ übermäßiger Energieverbrauch durch eine hohe Trainingsbelastung
  • Undereating/ mangelhafte Kalorienaufnahme

Die langfristige Konsequenz einer geringen Energieverfügbarkeit hat nicht nur Auswirkungen auf die Performance im Sport, sondern beeinflusst auch die körperliche Gesundheit. Die Symptome von RED-S sind vielfältig und reichen von Erschöpfung und Müdigkeit bis hin zu hormonellen Störungen und Knochenproblemen.

Besonders Athletinnen, die einem hohen Leistungsdruck standhalten müssen und sich in einer ästhetisch-orientierten Sportart aufhalten scheinen anfällig dafür zu sein. Dazu zählen beispielsweise alle gymnastischen Sportarten, Leichtgewichtssportarten, Bodybuilding aber auch Triathlon und Langstrecken-Ausdauersportarten.

1.2 Exkurs: Die Athletinnentriade

Vielleicht hast du davon schon einmal gehört: Dem Female Athlete Triad. Die Athletinnentriade, welche aus drei Symptomen besteht ist sozusagen die “Vorläuferdiagnose” des heutztage erweiterten RED-S. Früher ging man davon aus, dass sich eine unzureichende Energiezufuhr “lediglich” auf die Knochengesundheit und den Menstruationszyklus auswirkt. Heute wissen wir, dass eine unzureichende Kalorienaufnahme ein breites Spektrum an verschiedenen Symptomen zusammenhängt.

2. LEA - Der Ursprung allen Übels

Die Abkürzung LEA steht für Low-Energy Availability und lässt sich sozusagen als Ursprung allen Übels bezeichnen. Eine geringe Energieverfügbarkeit kann wie das RED-S durch verschiedene Faktoren entstehen und hat sowohl kurzfristig, als auch längerfristig Auswirkungen auf den Körper und die Gesundheit. In einer Untersuchung an Ausdauersportlerinnen wurde beispielsweise festgestellt, dass rund 47,3% der Athletinnen von einer LEA betroffen sind [2] – und dies erhöht das Risiko von RED-S drastisch!

Modifiziert nach Sim and Burns (2021b) [3]

2. Symptome und Auswirkungen

2.1 Der Körper

Die Auswirkungen von RED-S reichen von Müdigkeit und Leistungsabfall bis hin zu Depressionen und Knochenbrüchen. Sportlerinnen mit RED-S leiden oft unter einem geschwächten Immunsystem, was zu häufiger auftretenden Infektionen führen kann. Zudem kann der Energiemangel zu einer verzögerten Regeneration nach dem Training führen und die Verletzungsanfälligkeit erhöhen. Langfristig kann RED-S zu irreversiblen gesundheitlichen Konsequenzen wie Osteoporose führen. Gerade die hormonellen Auswirkungen durch eine verringerte Energieverfügbarkeit sind nicht zu unterschätzen. In erster Linie ist davon der Menstruationszyklus betroffen.

Im Folgenden eine Übersicht über verschiedene Hormone im Körper und deren Anpassung an LEA [4]

2.1.1 Hormonelle Auswirkungen durch Energiemangel

2.2 Die Psyche

Auch die mentalen Aspekte von RED-S sind ernst zu nehmen. Der Druck, ständig Höchstleistungen zu erbringen, gepaart mit der Angst vor Versagen und dem Gefühl der Unzulänglichkeit, kann zu Stress, Angstzuständen und sogar Depressionen führen. In diversen Sportarten liegt ein ständige Fokus auf der Gewichtskontrolle und dem Körperbild. Dies kann zu einem gestörten Essverhalten und einer negativen Selbstwahrnehmung beitragen. Es ist wichtig, diese psychologischen Auswirkungen frühzeitig zu erkennen und professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, um langfristige Schäden zu vermeiden.

Eine ganzheitliche Betrachtung von RED-S im Sport sollte daher auch die mentalen Aspekte berücksichtigen und TrainerInnen sollten entsprechende Unterstützung anbieten.

2.3 Kurz-bis langfristige Folgen

Auf einem Zeitstrahl betrachtet lassen sich die ersten Effekte von LEA bereits nach wenigen Tagen feststellen [5]. Je mehr Zeit verstreicht, desto gravierender werden die LEA-Symptome. Die Grenze zwischen LEA und RED-S ist in diesem Zuge ziemlich unklar, weshalb wir davon ausgehen können, dass ab einem bestimmten Punkt auch RED-S spezifische Symptome im Spiel sind.

3.1.1 Tage bis Wochen

  • geringeres Muskelglykogen
  • weniger fT3
  • der LH-Puls sinkt
  • Der Grundumsatz sinkt
  • Die Serum-Testosteronwerte sinken

3.1.2 Wochen bis Monate

  • Der Hämoglobinwert sinkt
  • Die Trainingsadaptation nimmt ab
  • Die Performance nimmt ab
  • Erste Störungen am Menstruationszyklus treten auf

3.1.3 Monte bis Jahre

  • Die Knochenmineraldichte nimmt ab
  • Das Körpergewicht sinkt
  • Fruchtbarkeitsstörungen treten auf

3. Prävention und Behandlungsmöglichkeiten

Um das Relative Energy Deficiency in Sport (RED-S) erfolgreich zu behandeln, ist eine multidisziplinäre Herangehensweise entscheidend. Ein wichtiger Schritt ist die Anpassung des Trainingsplans, um die Belastung zu reduzieren und dem Körper Zeit zur Regeneration zu geben. Zudem spielt die Ernährung eine zentrale Rolle: Das chronische Energiedefizit sollte unbedingt mit entsprechenden Strategien aufgearbeitet werden. Eine offene Kommunikation zwischen Athletinnen und TrainerInnen ist daher essenziell, um potenzielle Probleme frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.

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4. Fazit: Früherkennung von Energiemangel

Durch die Früherkennung der RED-S bezogenen Symptomatiken können nicht nur Leistungseinbußen im Training vermieden werden, sondern auch langfristige gesundheitliche Schäden reduziert werden. Die Sensibilisierung für RED-S sowie die Implementierung präventiver Strategien sind entscheidend, um die Gesundheit und das Wohlbefinden von Sportlerinnen zu gewähren.

Es ist die Aufgabe und Verantwortung der TrainerInnen, ihre Sportlerinnen zu sensibilisieren und das psychische Wohlbefinden sowie die körperliche Leistungsfähigkeit und Gesundheit durch regelmäßige Check- Ins zu monitoren.

Die Check-Ins könnten sich beispielsweise um Fragestellungen rund um die Regeneration, Motivation, Performance im Training und psychische/körperliche Gesundheit der Sportlerin drehen (Siehe erste Abb. oben).

[1] Peklaj, E., Reščič, N., Seljak, B. K., & Kozjek, N. R. (2022b). Is RED-S in athletes just another face of malnutrition? Clinical Nutrition ESPEN48, 298–307. https://doi.org/10.1016/j.clnesp.2022.01.031

[2] Dervish, R. A., Wilson, L. J., & Curtis, C. (2022b). Investigating the prevalence of low energy availability, disordered eating and eating disorders in competitive and recreational female endurance runners. EJSS/European Journal of Sport Science23(5), 869–876. https://doi.org/10.1080/17461391.2022.2079423

[3] Sim, A., & Burns, S. F. (2021b). Review: questionnaires as measures for low energy availability (LEA) and relative energy deficiency in sport (RED-S) in athletes. Journal of Eating Disorders9(1). https://doi.org/10.1186/s40337-021-00396-7

[4] Wells, K. R., Jeacocke, N. A., Appaneal, R., Smith, H. D., Vlahovich, N., Burke, L. M., & Hughes, D. (2020). The Australian Institute of Sport (AIS) and National Eating Disorders Collaboration (NEDC) position statement on disordered eating in high performance sport. British Journal of Sports Medicine54(21), 1247–1258. https://doi.org/10.1136/bjsports-2019-101813

[5] Mountjoy, M., Ackerman, K. E., Bailey, D. M., Burke, L. M., Constantini, N., Hackney, A. C., Heikura, I. A., Melin, A., Pensgaard, A. M., Stellingwerff, T., Sundgot‐Borgen, J., Torstveit, M. K., Jacobsen, A. A., Verhagen, E., Budgett, R., Engebretsen, L., & Erdener, U. (2023b). 2023 International Olympic Committee’s (IOC) consensus statement on Relative Energy Deficiency in Sport (REDs). British Journal of Sports Medicine57(17), 1073–1098. https://doi.org/10.1136/bjsports-2023-106994

Hi, ich bin Jenny!

Online Fitness Coach, Ernährungsberaterin und Dozentin für Frauengesundheit im Sport. Erfahre mehr über mich.